Freitag, 17. Juni 2011

Geschichte der Kurden

Das Volk der Kurden – Ein kurzer Abriss

Autoren: Annette Schmid und Mario Grossniklaus
Die Kurden sind ein Volk in Vorderasien. Sie leben im Grenzbereich (etwa 200‘000 km2) Türkei / Irak / Iran sowie in Nordost-Syrien und Südwest-Armenien. Sie sprechen eine eigenständige nordwest-iranische Sprache, vergleichbar der persischen und armenischen Sprache. Innerhalb des Kurdischen lassen sich verschiedene Dialekte unterscheiden. Die Bezeichnung "Kurmâncî" wird sowohl für den nördlichen Dialekt als auch für das Kurdische im allgemeinen verwendet. Der wichtigste südliche Dialekt ist das "Sorani".
Durch Migration und Umsiedlung gelangten Kurden auch nach Jordanien, Libanon, Zentralanatolien, Ost-Iran, Georgien, Mittelasien, in die West-Türkei (Istanbul, Adana) sowie nach Europa (vor allem nach Deutschland). Schätzungen über die Zahl der Kurden schwanken zwischen 12 und 30 Millionen. Trotz gemeinsamer Sprache, Geschichte und Kultur konnten die Kurden keinen eigenen Nationalstaat errichten; sie bilden Minderheiten in der Türkei (12 Millionen), im Iran (5,5 Millionen), im Irak (3,7 Millionen), in Syrien (0,5 Millionen), in mittelasiatischen GUS-Staaten (0,15 Millionen) und im westlichen Europa (0,62 Millionen). 75 bis 80 Prozent sind Sunniten, die Übrigen Schiiten. Nur begrenzt, trotz kurdischer Muttersprache, werden zu den Kurden die unter ihnen verbreiteten Jesiden gerechnet, Angehörige einer geheimen Religionsgemeinschaft mit altorientalischen und häretisch-christlichen Glaubenselementen.

Nach dem Ersten Weltkrieg war ein kurdischer Staat in greifbare Nähe gerückt. Bevor sich die einzelnen Stämme jedoch auf eine Interessenvertretung einigen konnten, wurde 1924 der Vertrag von Lausanne unterzeichnet. Dieser ermöglichte die Gründung der modernen Türkei und sah keinen kurdischen Staat mehr vor. Der türkische Staatsgründer Kemal Atatürk schlug in den 20er und 30er Jahren mehrmals kurdische Aufstände nieder. Seit 1984 kämpfte die Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) unter Abdullah Öcalan zunächst für einen unabhängigen Staat, dann für mehr Autonomie. Bei Kämpfen zwischen der PKK und dem türkischen Militär wurden schätzungsweise rund 30‘000 Menschen getötet.

Ein grosser Teil der Kurden lebt im Südosten der Türkei unter anderem in den Provinzen Hakkari, Van und Diyarbakir, wo sie die Bevölkerungsmehrheit bilden. Durch die Binnenwanderung kamen aber auch Millionen von Kurden nach Istanbul, Ankara und Izmir. Kurden, die sich als Türken empfinden, sind teilweise in hohen Staatsämtern vertreten, wie beispielsweise Hikmet Çetin, der von 1991 bis 1994 das Amt des türkischen Aussenministers bekleidete. Autonomiebestrebungen werden von Ankara als Separatismus bewertet. Ein von 1983 bis 1991 gültiges Sprachverbot war speziell auf das Kurdische gemünzt. Die türkische Regierung zeigte sich bisher nicht bereit, eine politische Lösung der Kurdenfrage zu diskutieren. "Es gibt kein Kurdenproblem, sondern nur ein Terrorismusproblem", lautet die offizielle Linie. Kurdische Minderheiten gibt es auch im Irak, im Iran und in Syrien. Der Irak duldet ebenfalls keine Eigenständigkeit der Kurden. Vor der Einrichtung einer Schutzzone im Nordirak 1991 durch die Alliierten hatte Staatschef Saddam Hussein unter anderem Giftgas gegen die dort lebende Zivilbevölkerung eingesetzt – wobei mehrere tausend Kurden gestorben sind.

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